Hochzeit in Brixen


 

Die magische Abendstunde: Sanft klingt das Tageslicht aus. Alle wunderbaren grünen Farben von Grasland und Gebirgswald, die schimmernden letzten Schneefelder, die bunt funkelnden Blumen, alle diese Farben ändern sich erst in ein helles Grau, dann in ein Dunkelgrau und um etwa 22.00 Uhr ist die Nacht schwarz.

Drei Stunden entfernt von meinem Büroschreibtisch bringt mich mein Wohnmobil Nobydick auf der Autobahn nach Brixen. Die Autobahn führt durch das Inntal vorbei an der Hauptstadt von Tirol: Innsbruck. 

Von Innsbruck erklimmt die Bahn den Brennerpass, auf allen vier Fahrbahnen brummen LKWs, Busse, PKWs und Motorräder hoch und zurück 24/7 auf 1371 Meters Höhe. Auf dem Scheitel grenzt Österreich an Italien.

Wir Touristen genießen die wunderbare Strecke mit all ihren erstaunlichen, entzückenden Ausblicken für acht Euros einfache Fahrt. Die Menschen im engen Brennertal leiden unter der Verkehrsflut, dem endlosen Rauschen der rollenden Räder wie auch der Luftverschmutzung.

In drei Stunden habe ich die Strecke geschafft. Nobydick parkt in einem Tal in einer Sackgasse, umgeben von drei Häusern, einer Grundschule für deutsche Kinder, ein paar Kälbern, einem Hund, einer Katze, einem Hahn mit ein paar Hennen und einer kleinen Kirche: St Leonhard. Der Ursprung dieser Kirche geht - wie so viele Gebäude in Europa - zurück auf das Jahr 1000. Eine Broschüre liegt in der Kirche zum Verkauf aus, die die Geschichte erläutert.



Die magische Abendstunde: Sanft klingt das Tageslicht aus.

 

In dieser Kirche feiert mein Kollege Jan morgen seine Hochzeit. Seiner Frau lebt und arbeitet hier in Brixen.

Brixen liegt in Italien, doch viele Menschen sprechen hier seit Generationen Deutsch. Die Grundschule neben der Kirche St. Leonhard ist daher für deutschsprachige Kinder. Vermutlich sprechen in dieser Schule die Kinder ihre Muttersprache weitaus fließender als manche  Kinder in verschiedenen deutschen Großstädten. Dort gibt es Schulen, in denen 90 % der Kinder nicht von deutschen Eltern aufgezogen werden.

Wie ich es fühle, erhöht sich der Druck in den Städten laufend. Der Kontrast ist extrem: hier um die Kirche St. Leonard bricht das Gezirp der Grillen das Schweigen. Selten brummt ein Flugzeugmotor. St. Leonhard liegt in 1096 Metern Höhe, 500 Meter über Brixen. Diese Entfernung löscht allen Verkehrslärm aus.

Fern aller Menschen ist mein Leben in best balancierter Harmonie. Manchmal. Neuigkeiten aus der Zeitung oder dem Radio kümmern mich nicht. Lichter funkeln im Tal in Brixen, mein Reality-TV im Augenblick.

Friede ist in mir und um mich, wenn ich allein wandere und reise. Jedenfalls manchmal. Mimamai hatte keinen Mut für eine weitere Wochendfahrt.



In dieser Kirche feiert mein Kollege Jan morgen seine Hochzeit. 

 

Die Nachrichten berichten z. B., dass die Arbeitslosenrate mehr als fünf Millionen in Deutschland beträgt. Mimamai kämpft darum, neue Arbeit zu finden. Kommende Woche wird der nächste Kunde Nobydick inspizieren, der zum Verkauf ansteht. Mimamai will nicht, dass ich mein rollendes Wochenendhaus nur deshalb verkaufe, weil sie keine Arbeit hat.

Sie brütet Angst aus. Ein Beispiel: Ihr Chef gibt ihr den doppelten Betrag als Lohn heraus, mehr als 300 Euro zuviel. Nächsten Morgen findet Mima diesen Fehler, ruft Ihren Boss an, klärt die Sache auf. Ihr Boss nickt den Vorgang mit einem ''o.k'' ab. Jetzt plagen Mima neue Ängste: ''Vielleicht denkt er, weil ich den Fehler nicht sofort erkannt habe, dass meine Fertigkeiten nicht ausreichen, um in seinem Bioladen als Verkäuferin zu arbeiten'', grübelt sie.

So arbeitet Mimamai diesen Samstag im Laden und bringt nicht den Mut auf, mich auf meiner kleinen Reise zu begleiten. Sorgsam durchforscht sie beinahe täglich den Arbeitsamt-Computern nach offenen Stellen.

Als sie noch alle Jahre zuvor Arbeit hatte, hat sie immer mit Gewißheit behauptet, dass jeder, der Arbeit will auch welche bekommt. Ihre Praxis derzeit sieht anders aus als Ihre Theorie zuvor.

Jetzt sucht sie unentwegt und findet nichts. Sie fühlt sich angespannt, vielleicht ein wenig ihr Selbstwert beschädigt. Doch sie kann es nicht ändern, obgleich sie alles versucht.

Meine Finger vermischen Fakten mit Fantasie, die von köstlichem Rotwein der letzten Wochenendreise angeregt wird, Wein aus den Kellern von Hammelburg - Mutton Castle.



Meine Finger vermischen die Fakten mit Fantasie

 

Nur drei Stunden von München beginnt der italienische Lebensstil. Drei Tagesreisen von jeder europäischen Stadt erreicht man das Meer oder fährt nach Russland oder Asien. Europa ist ein übervölkertes Paradies ohne Erdbeben, Tsunamis und mörderischen Ghettos.

Trotzdem steigt die Spannung unter den Menschen, besonders in den Großstädten. Die Konflikte kommen näher und näher. Die Menschen in der Dritten Welt mögen vielleicht vom Europäischen Paradies als einem Land mit Flüssen von Milch, Moneten und Honig träumen. Doch das Traumland fühlt sich angegriffen: Alles wird knapper und knapper- Arbeit, Wasser, Luft, Land, Energie und Nahrung. 

Mima muss Ihren 10 Jahre alten VW Transporter, Ihren ''Blauwal'' zum TÜV fahren. Sie braucht das Auto für Ihre Weihnachtsmärkte. Jedes Auto muss diese technische Prüfung alle zwei Jahre bestehen.

Wir haben früher Ihren Wagen für viele Urlaubsreisen genutzt. Wir können Ihren Blauwal wieder so einsetzen. In einem bin ich mir ganz sicher: Die Welt ist wundervoll, wo immer ich bin - unter einer Voraussetzung: Ich selbst muss die Wunder sehen, um andere wundervoll zu finden.

Den letzten Abend daheim habe ich eine dieser CDs von den Computer Magazinen gesehen, einen Film von Stephen King: Horror, Mord, Gewalt.

Diese Art von Unterhaltung hilft nichts auf Reisen. Ich wandere um das Kirchlein St. Leonhard, wasche mich im kalten Gebirgsbach, so kommen meine Sinne mit der Natur in Einklang.

Diese Natur mit ihren sanften Gebirgsketten, den sich ändernden Farben, den Wolken, die von den Bergkuppen rutschen, diese Natur beflügelt meine Lebenslust: Ein zärtliches Gefühl von Liebe und dem Verlangen, eins zu werden mit der Existenz, in einem Strom von Liebe einzuschmelzen - BAH: nichts kann ich von diesem magischen Mysterium beschreiben - außer lablabla!

Trotzdem ist da ein Gefühl, als ob Engel um mich und in mir tanzen, und mich in eine Nacht von erfüllter Glückseligkeit zu schicken.



ein Gefühl, als ob Engel um mich und in mir tanzen

 

Sonntag! Irgendwie habe ich die Hochzeitsfeier am Samstag gerad noch überlebt. Die übelste Hirnwaschende Schleimhypnose erlitt ich in der kirchlichen Zeremonie länger als eine Stunde lang von 14.00 Uhr an. Die wunderschöne Braut und ihr stolzer Besitz, der Gatte, für die nächsten Jahrzehnte seiner Hingabe und Diensteifrigkeit hatten sich in wochenlangen Kursen für ihren Zeremonien-Auftritt vorbereitet. Die Menschen ticken wie Puppen, genau wie es die Tradition und ihre Konditionierung erwarten lässt. Jahrhunderte von hypnotischer Autorität wirken im Namen der grossen Illusion: Gott!

Machtgeile Priester schlachten diese Gott-Illusion für Marketing und ihren Machterhalt aus. Die Leute funktionieren für sie wie willenlose Marionetten. Jeder erhofft sich irgendeinen politisch-geschäftlichen Vorteil von diesen polit-professoralen priest-prälaten-parlando Leerformeln, die niemand im Innern fühlt geschweige denn erfahren hat. Die Kirchen-Schau must go on!

Beide Partner sind im Verlangen ihrer bio-chemischen Prozesse verfangen, die sie als 'Liebe' missverstehen. Der Priester erpresst seine armen Opfer, dass sie Lügen faseln wie über ehrlichen, lebenslangen Dienst am andern.

Gewürgt von ihren bio-chemischen Ketten um ihren Hals sind beide Geschlechter: der arme Herr Gemahl mit heraushängender Zunge, von der sein Speichel sabbert in lustvoller Erwartung nächtlichen Entzückens. Währendessen ist die Braut in ihrem meterlangen Eierkrem farbenem Gewand von ihrer bio-chemischen Veranlagung dazu gezwungen, auf ihren Fersen vor einem wunderhübschen, kugeläugien Jungen zu knieen: ''Eitututata....''' Die Natur inspiriert ihre Befruchtungsträume, so dass sie es kaum erwarten kann, sich zu reproduzieren.

Meine armen Kollegen, drei selbst im Ehekäfig, opfern sich mehr schon als der gerade frisch eingekerkte Ehegemahl. All die armen Kerle arbeiten wie die Roboter für ihren Mama-Boss, der sich um zwei Kinderchen kümmert, zwei ganz Kleinen, einer nach dem andern angekommen mit nur kurzer Verschnaufpause. Ich weiß, was ich hier beschreibe. Ich mache selbst nichts anderes.



Irgendwie habe ich die Hochzeitsfeier am Samstag gerad noch überlebt. 

 

Diese Mütter mit ihren etwa 10 Befehlen pro Minuten managen die Dauerkriese mit Kindern und Mann und sind selbst meist am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die genetische Folter kann man sich vorstellen wie Gefangene, die schwere Eisenkugeln an klirrenden Ketten mit sich schleppen. Männer wie Frauen. Nur die Kinder laufen noch ein wenig freier herum, mehr und mehr in ihre elterlichen Zwangsjacken verschnürt. So vererben sich von Generation zu Generation diese Art kranker Schmerzen.

Diese besten Bruterwartungen für kommende Kirchen- und Staatssteuerzahler werden mit Wein und bio-chemischen Stress-Abbau in nächtlich verschwitzen Liebeskämpfen angefeuert. Der Priester segnet seine Opfer mit einem schwachsinnig-bösartigen schleimigen, teuflischen Lächeln. Tief im Unbewußten weiß der Mann um seine teuflisch folternde Sklavenhalterei. Das geht solange gut, bis entweder ein kollektiver Krieg, ein individueller Selbstmord oder schwere Erkrankungen die Sache ändern.

Zumindest hat der arme Herzensgemahl schon in seinen jungen Jahren erfolgreich einen schweren Tumor bezwungen. Daher gibt es vielleicht noch Spuren von Hoffnung, dass eine  gnädige Existenz ihm ein Fenster einen Spalt breit öffnet, um ihn ein wenig eine entgegengesetze Wirklichkeit wittern zu lassen.

Von der sieht dieses Theater Geld raffender Generationen mit ihren Machtspielchen dieser humpelnden Helden in Krieg und Arbeit recht traurig aus. Ein einziger Leidenstreck bis zur Selbstzerstörung tut sich auf. Wenn man das Hamsterrad von dieser Warte aus zu sehen lernt, tut sich vielleicht ein Notausgang auf. Vielleicht aber nur, wenn die Existenz Gnade walten lässt, nach und nach die Macht der hypnotischen Hirnwäsche im Gefängnis der Konditionieruing zu brechen. Die Aussichten nach dieser Art von Hochzeit verschlechtern sich rapide, wenn beinahe 100 Leutchen als Zeugen der Szene selbst in ihren Tretmühlen schrumpfen.



Die Aussichten verschlechtern sich rapide, wenn beinahe 100 Leutchen als Zeugen der Szene selbst in ihren Tretmühlen schrumpfen.

 

Die armen Paare sind ja so gefangen in ihrer bio chemischen Falle! Junge Frauen, die vor Befruchtungsgeilheit brennen, wittern die Gene des Männchens aus, welcher ihren Instinkten taugt, ihre Art zu reproduzieren. Junge Männer brennen vor Verlangen, ihr chemisches Chaos in bio chemischen nächtlichen Verzückungen aus schwitzendem Stressabbau zu balancieren. So beginnt das Elend zwangsläufig und muss so weiter gehen.

Die schlanke Braut, schlau und strahlend, hat mehrere Sprachen studiert, beide sind durch Großstädte wie Rom, Berlin und München gereist, der junge Mann verfügt über ein Naturtalent, selbst Kontroversen akzeptieren zu können. Jetzt opfert er seine schwindene Lebenszeit dafür, dem Gesellschaftsreigen in ihrem biologischen Brutprozess für die nächsten 10, 20, 30 Jahre zu folgen.

Das Programm startet, der Priester tritt beide grinsend in ihren Hintern in einer Zeremonie aus hohlen Hallucinationen und dumpfer Trunkenheit. Das große Fressen folgt, nachdem der Priester in einer kannibalischen Aktion, Fleisch und Blut in einer anderen Zeremonie des Aberglaubens angeboten hat.

Das Speisenkarussell dreht sich in den nächsten Stunden und wird auch die letzten Zwefel ausräumen, dass Jahrzehnte im häuslich folternden Käfig anstehen. Kostbare Weine und Speisen, Spiele aus dem heranwachsenden Kindergarten werden uns glückliche Menschen in den kommenden Stunden von jedem kleinsten traurigen Gedanken ablenken. Die kollektiv klebende Kreme applaudiert all diesen ungeheuren Anstrengungen. Der Priester, die Besucher, Verwandten, jedermann fühlt sich geschmeichelt und geehrt. Und die Alten blicken auf die Jahrzehnte ihrer Sklaverei zurück, indem sie allen Kummer vergessen und die Erinnerung in rosa Träumen verklären - wie ja auch Braut und Bräutigam an diesen Illusionen festhalten.



Die armen Paare sind ja so gefangen in ihrer bio chemischen Falle! 

 

Irgendwie verstehe ich die Gründe dafür, dass ich 57 Jahre warten musste, bis meine überreizten Nerven so ein theatralisches Durcheinander aushalten konnten, ohne die Regeln zu verletzen! Jeder erwartet bei solchen Festlichkeiten, dass ihn der andere mit einer schleimigen Lächlemaske angrinst.

Beide frisch Vermählten müssen vermutlich für ihre mächtige Ego-Darstellung die kommenden nächsten Jahren blechen. Wenn schon sein bio-chemischer Überdruck abflaut, ihrer weiblichen Attraktion hündisch mit Speicheltropfender hängender Zunge zu folgen, wird der Finanzdruck ein neues Gefängnisgitter schmieden, um das arme Kerlchen an kurzer Kette seines Frauchens zu führen. Viel Glück!

Trunken genug, kann ich meine Spannung soweit beruhigen, dass ich diese Gedanken vor der kettenklirrenden massiv hypnotisierten Meute verbergen kann. Spät in der Nacht entwische ich endlich schweigend ohne einen Abschiedsgruß.

Nobydick, mein rollendes Haus, steht zwar ziemlich schief auf dem Parkplatz, der für die ehrenvolle Festgemeinde reserviert ist, die sich als Nachtgäste auch in dem Hotel eingebucht haben. Mich kümmert das alles nicht mehr.

Mit einer Rolle Klopapier als Beute, die ich bei meinem Morgenmarsch hinunter nach Brixen nicht kaufen konnte, falle ich bald in tiefen Schlaf.

Die Szene hat meine alten biologischen chemischen Prozesse mal wieder aufgeheizt, so dass meine Träume sich um zwei bekannte Frauen drehen. Diese spielen mit meinem Verlangen, in dem sie an meinem Leben ziehen und zerren, wie Kinder an dem Fädchen eines Hampelmann.



Die Szene hat meine alten biologischen chemischen Prozesse 
mal wieder aufgeheizt, 

 

Der helle Tag alamiert mein Bewußtsein mit dem biologischen Singsang der Vögel in aller Früh. Alle Muskeln und Zellen meines Körpers zwingen mich, das obere Bett im Auto zu verlassen. Ein Blick auf die Uhr zeigt 5.23 in der Früh.

Um 5.26, drei Minuten später, bringt mich das Motorbrummen wieder zu Sinnen, zurück auf der Strasse.

Länger als eine halbe Stunde im zweiten Gang schleppt sich das Auto in die wunderbare Gebirgswelt, die wilde Freiheit eines Wanderers, der erfüllt alleine geht. Ich bin glücklich, dass Mima daheim und bei ihrer Arbeit geblieben ist.

Die christliche Massenhypnose hat die Namen von kleinen Häuseransammlung um Kapellen auf meinem Weg bergauf geprägt: St. Leonhard (1096), das priesterliche Programm, St. Andrea (961), das Fest-Programm, nach St. Jakob (1336), St. Georg (1503), Palmenschloß (1697), um die Staatsmacht zu repräsentieren, bis zum Parkplatz auf der Höhe: Kreuztal, Valcroce 2000 Meters high - für dieses mein biestiges Programm.

Glücklich allein, Schwalben tanzen um's Auto, deer Ofen heizt ein. Innen sind es mehr als 20, draußen unter 10 Grad. Zwei Kaffeetassen beschleunigen meinen Herzschlag. Füße und Körper brennen darauf, diese wunderbare Welt der Geheimnisse mit einem freien Himmel darüber zu erforschen. Kein Wunder, dass diesen überbordenden Luxus die meisten Menschen nur in Gefängnisszellen wie der Ehe aushalten können. Ich brauchte mein letzten 57 Jahre dafür, mir meine einfache Wahrheit einzugestehen.



Der helle Tag alamiert mein Bewußtsein mit dem
 biologischen Singsang der Vögel in aller Früh. 

 


Meine Fantasien unterhalten mich einige Stunden lang, mein Marsch auf den Mount Telegraph (2468) trainiert Muskeln und Verstand die nächsten Stunden, bis ich erschöpft in meinen Wohnwagen zurückkehre.

Danach dusche ich außerhalb des Wagens, koche mir ein einfaches Süppchen und schlafe erstmal ein paar Stunden. Wieder einmal prüfe ich diese Zeilen, koche den nächsten Kaffee und beende mein Bergmahl mit Schokolade aus dem Kühlschrank.



mein Marsch auf den Mount Telegraph (2468)  

 

Die dritte Nacht auf der Straße ändert meine Energie. Ist mein bio-chemischer Prozess jetzt auch zufiest gestört? Jagen mich Geister wie von der angegriffenen Braut, ihrem Bräutigam und all den religösen hochanständigen Leute? Mir fehlt der grundlegende Schutz.

Der Parkplatz in den Dolomiten 2000 Meter über dem Meer gibt mir keinen Frieden mehr. Kalter Regen fällt. Eine Stunde lang fahre ich langsam nur im zweiten Gang hinunter ins Tal. Nirgendwo finde ich einen Platz, um in der Nacht zu bleiben. Ich habe den Schutz in mir selbst verloren.

Brixen zeigt mir zwar einen recht komfortablen Platz neben dem rechten Ufer der Eisack, aber schon kurz danach in der Wärme der Stadt nach den zugigen Gipfelhöhen muß ich wieder weiter.

Ein vollgepackter Campingplatz außerhalb von Brixen verlangt 17 Euro für eine Nacht - auch nicht mein Platz. Die Brenner Autobahn führt mich nach Sterzing. Dort lädt ein riesigen Autocamp Lastwagen, PKWs und Campingfahrzeuge ein, die dafür 10 Euros für eine Nacht zahlen, Lastwagen 6 Euros.



 Ich habe den Schutz in mir selbst verloren.

 


Andere Wohnwagen stehen neben den Sattelzügen. In dieser geschützten aber lauten Umgebung schlafe ich, während die Kühlanlagen der Schlepper brummen, die die ganze Nacht über ihre Ladung kühlen müssen. Wenig Schlaf in der kalten Nacht, draußen weniger als 10 Grad. Der Ofen heizt ein.

Ein Kaffee, ein Saft sind genug um 5.00 Uhr früh, um aufzuwachen und abzufahren. Die alte Brennerstraße ist kostenfrei zu befahren. Der Wetterbericht verkündet Schneefall unter 1500 Meter. Tirol in Österreich hat ein viel kälteres Klima als Süd-Tirol in Italien.


Doch die alte Brennerstraße ist vollkommen leer. So rutsche ich dort sanft auf einer Kurve nach der anderen hinunter nach Innsbruck. Die Autobahnauffahrt Innsbruck Süd können die Fahrzeuge wieder nutzen, ohne weitere Gebühren zu zahlen - mit Ausnahme der üblichen österreichischen Autobahngebühr, 21,80 Euros für zwei Monate.



In dieser geschützten aber lauten Umgebung schlafe ich, 

 

Mein Geldbeutel füllt sich mit diesen Reisequittungen, derweil die Geldscheine darin schwinden.

Die Leere meines ungeschützen, inneren Zitterns liegt vermutlich darin, dass meine Gefühle meine andere, meine bessere Hälfte vermissen, meine kleine Frau Mimamai. Beinahe schon wieder seit zwei Stunden auf der Bahn, ruft sie mich an der österreichisch-deutschen Grenze an: ''Aufwachen, aufstehen, nach Hause kommen zu mir!'' ''Uhh'', denke ich mir, ''wie habe ich ihre weibliche Sorge und Befehle vermisst! Ohne die kann ich nicht leben!'' 

Mürrisch murmele ich ins Telefon, dass ich erstmal eine Sauna am Kochelsee brauche. Ich fahre mitten durch den Regen und die Wolken. Das Radio meint: ''Für die Jahreszeit zu kühl.''

Müde und ausgebrannt schlafe ich die erste Stunde im Bad, von wo aus ich beobachten kann, wie die Wolken um den Herzogstand klettern. Wiederhergestellt bin ich glücklich, wieder nach Hause in ihre Arme zu kommen. Freiwillige will ich meine bio-chemische Kette tragen, meiner Frau in guten wie in schlechten Tage zu dienen. Hat der Priester in seiner Zeremonie irgendetwas anderes verlangt?

Hier muß ich aufhören, sonst fangen meine fiebrigen Finger wieder endlos mit ihrem rasselnden Geschreibsel an.



Ich fahre mitten durch den Regen und die Wolken.